
30 Jan. Eigenmietwert-Abschaffung: Entscheidung gefällt, aber noch nicht endgültig
Nach jahrelangen Debatten im National- und Ständerat wurde in der Wintersession 2024 ein bedeutender Beschluss gefasst: Der Eigenmietwert soll für Erst- und Zweitliegenschaften abgeschafft werden. Doch dieser Entscheid bedeutet nicht, dass die Umsetzung unmittelbar bevorsteht – es liegen noch mehrere politische Hürden bevor.
Der Eigenmietwert: Ein Relikt aus vergangenen Zeiten
Der Eigenmietwert wurde 1934 als vorübergehende Krisenmassnahme eingeführt, um die Staatsfinanzen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu stabilisieren. 1958 wurde er endgültig in ordentliches Steuerrecht überführt.
Später wird das Wohnen im eigenen Haus oder in der Eigentumswohnung als sogenanntes „Naturaleinkommen“ betrachtet – auch als fiktives Einkommen, das versteuert werden muss. Als Ausgleich durften Hauseigentümer bisher verschiedene Kosten, darunter Hypothekarzinsen, Unterhalts- und Reparaturausgaben, von den Steuern abziehen.
Die Berechnung des Eigenmietwerts basiert darauf, wie viel eine Immobilie jährlich einbringen würde, wenn sie vermietet würde. Üblicherweise liegt der steuerlich relevante Eigenmietwert zwischen 60 und 70 Prozent dieses geschätzten Betrags.
Die wichtigsten Änderungen der Reform
Die geplante Anpassung des Steuerrechts bringt folgende Neuerungen mit sich:
- Der Eigenmietwert entfällt sowohl für Erst- als auch für Zweitwohnungen.
- Der Abzug für Unterhaltskosten entfällt. Kantone können jedoch weiterhin steuerliche Anreize für Investitionen in Energieeffizienz oder ökologische Massnahmen gewährleisten.
- Der allgemeine Schuldzinsabzug wird erheblich reduziert.
- Erstwerber einer selbstgenutzten Immobilie dürfen zehn Jahre lang einen begrenzten Schuldzinsabzug geltend machen.
- Um tourismusintensive Kantone wie Bern mit ihren zahlreichen Ferienwohnungen zu berücksichtigen, soll eine Verfassungsänderung den Kantonen ermöglichen, auf Zweitwohnungen eine besondere Steuer zu erheben. Ziel ist es, für Zweitimmobilien eine höhere Liegenschaftssteuer als für Erstwohnungen festzulegen.
Was bedeutet das für Hauseigentümer?
Zum jetzigen Zeitpunkt besteht für Immobilienbesitzer noch kein unmittelbarer Handlungsbedarf. Die tatsächliche Umsetzung hängt von einer Verfassungsänderung ab, die eine neue Steuerkompetenz für Kantone in Bezug auf Zweitliegenschaften schaffen würde. Ohne diese Anpassung kann die Reform nicht in Kraft treten.
Da jede Verfassungsänderung einer Volksabstimmung unterliegt, ist eine endgültige Entscheidung durch das Stimmvolk erforderlich. Eine solche Abstimmung könnte frühestens im Herbst 2025 stattfinden. Zudem gibt es noch keine genaue Regelung zur Übergangsfrist, die voraussichtlich mindestens zwei Jahre betragen wird.
Im Kanton Bern müsste ausserdem das kantonale Steuergesetz geändert werden, um den Maximalsatz der Liegenschaftssteuer für Zweitwohnungen in Tourismusregionen erheblich zu erhöhen – von derzeit 1,5 Promille des amtlichen Wertes auf möglicherweise 6 Promille oder mehr. Ob zusätzlich eine Anpassung der Kantonsverfassung notwendig wird, ist noch offen. Daher könnte sich die tatsächliche Umsetzung bis 2027 oder 2028 hinziehen.
Einschätzung von Aare Treuhand und Immobilien Interlaken
Aare Treuhand und Immobilien Interlaken setzt sich seit Langem für die Abschaffung des Eigenmietwerts ein und begrüsst die aktuelle Reform. Auch wenn nicht alle Forderungen – insbesondere eine grosszügigere Regelung zum Schuldzinsabzug – umgesetzt wurden, wird der Entscheid als bedeutender Fortschritt gewertet.
Allerdings formiert sich bereits Widerstand gegen die Vorlage. Wie bei jeder Steuerreform wird es sowohl Gewinner als auch Verlierer geben. Dennoch zeigt eine Analyse der Eidgenössischen Steuerverwaltung, dass die geplanten Änderungen beim aktuellen Zinsniveau von rund 1,5 % zu Steuererleichterungen in Höhe von knapp 17 Milliarden Franken auf Bundes- und Kantonsebene führen könnten. Sollte das Zinsniveau jedoch auf 3,5 % steigen, wäre die Reform insgesamt steuerneutral.
Ob die Reform dieses Mal tatsächlich umgesetzt wird, bleibt abzuwarten – die Chancen stehen jedoch gut.
Bildquelle
Vermögenszentrum Schweiz
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